Emissionslos unterwegs

Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Dazu gibt es noch keine allgemeingültige Antwort. Es gibt verschiedene Technologie-Ansätze, die mögliche Szenarien der Individualmobilität beschreiben. Das beste Auto ist bekanntermaßen dasjenige, das gar nicht erst gebaut werden muss. Aber diese Theorie ist für viele Menschen besonders außerhalb der Großstädte ein Trugschluss. Denn auch bei uns geht es nicht ohne zumindest ein KFZ.

E-Mobilität – die Voraussetzungen

Wer sich dazu entscheidet, auf ein rein elektrisch angetriebenes Fahrzeug umzusteigen, der sollte sich vor dem Kauf einige Punkte überlegen und sich eine ToDo-Liste erstellen.

  • Reichweite – in den Anfangsjahren der limitierende Faktor der E-Autos. Inzwischen sind Reichweiten zwischen 300 und 500 km die Regel. Zu beachten ist, dass die Reichweite stark vom Fahrprofil und von den Witterungsbedingungen abhängt. Bei Frost sinkt diese deutlich um bis zu 30 Prozent – mit vielen aktivierten Verbrauchern sogar mehr – ab.
  • Aufladung – Mit einem Verbrennungsmotor machen Sie sich nicht viele Gedanken um das Auftanken. An allen Ecken gibt es Tankstellen und Sie müssen vielleicht nur einmal im Monat tanken. Das sieht mit dem Elektroauto anders aus. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Das Ladenetz wächst zwar täglich, aber ein Ladevorgang dauert je nach Ladesäule derzeit noch zwischen einer halben und einer Stunde. Zeit die man gerne sinnvoll verbringt. Wir tun das z.B. mit Einkaufen. Wir haben eine Ladesäule in unmittelbarer Umgebung an dem Supermarkt, an dem wir zweimal die Woche einkaufen. Trotzdem verlassen wir uns nicht darauf, denn die Ladesäule könnte defekt, belegt oder schlicht zugeparkt sein. Also sollte man sich beim E-Auto-Erwerb auch gleich um eine Ladestation zuhause kümmern. Es gibt verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Ladeleistungen und unterschiedlichen Anschlüssen auf dem Markt. Steigen die Kapazitäten zukünftig, steigt auch die Ladezeit. Hier muss je nach Modell und Montageaufwand mit Kosten zwischen 500 und 2.000 Euro gerechnet werden. Außerdem muss die Möglichkeit, eine solche Ladestation zu installieren, gegeben sein. Für Stadtbewohner nicht immer so einfach. Auch wenn hinlänglich kolportiert wird, dass ein Elektroauto auch an der Haushaltssteckdose aufgeladen werden kann, ist das nicht zu empfehlen. Die Stromlast ist sehr hoch und die gängige Steckdose und die Verkabelung dahinter sind für eine derart hohe und lange Belastung nicht ausgelegt. Im Falle des Falles wird die Versicherung das auch nicht witzig finden. Hier sollte tunlichst ein Elektromeister zu Rate gezogen werden, der auch die Installation vornimmt.
  • Destination-Charging – Wenn Sie sich keine Lademöglichkeit in der Nähe der eigenen vier Wände einrichten können, sind Sie auf das öffentliche Ladenetz angewiesen. Wie ich weiter oben schon schrieb, kommen hierfür Ladesäulen an Orten in Frage, die Sie mehrmals wöchentlich aufsuchen, wie zum Beispiel Supermärkte, Fitnessstudios, Sporthallen, Schwimmbäder, Kino, usw… Diese sollten Sie auf verfügbare Ladestationen hin überprüfen. Das Ladenetz in Deutschland wächst quasi täglich.
  • Stromanbieter – Beim Kauf eines Elektroautos gehört weiterhin ein Stück weit Ideologie dazu, auch wenn diese Fahrzeuge lange keine Kostengräber mehr sind. In diesem Sinne sollte man auch die Herkunft des getankten Stroms überprüfen. Mit aus Atomkraft, Braun- und Steinkohle erzeugter Energie kann man auch gleich beim Verbrennungsmotor bleiben. Auch wenn physikalisch der vor Ort verfügbare Strom geladen wird, kann man mit dem Abschluss eines Stromvertrags bei einem „echten“ Ökostromanbieter etwas für die Verbesserung des Strommixes tun.
  • Ladenetz – Für längere Fahrten über die Reichweite hinaus gilt es, die Ladepunkte genau zu planen und auch immer Alternativen parat zu haben, falls Säulen defekt oder zugeparkt sind. Das Ladenetz in Deutschland verdichtet sich stetig. Auch sollten Sie die Lademöglichkeiten auf die dafür erforderlichen Abrechnungssysteme hin untersuchen. Eine Übersicht über alle Ladeverbunde finden Sie auf goingelectric.de

Vor dem Kauf eines E-Autos

Die Neuanschaffung eines Fahrzeugs bedeutet auch immer ein wenig Vorbereitung. Neben der Abholung des Fahrzeugs inkl. Anmeldung mit elektronischer Versicherungsbescheinigung und allen dazugehörigen Unterlagen bei der örtlichen Zulassungsstelle bedarf es beim Umstieg auf ein E-Mobil noch ein paar weiterer Überlegungen.

  • Versicherung: In der Regel ist es heute so, dass die Batterie in der Versicherung mit enthalten ist. Eine Vorabklärung bringt hier mehr Sicherheit.
  • Kennzeichen E: Beantragen Sie bei der Zulassung ein E-Kennzeichen für Ihr E-Mobil. Analog zum historischen H-Kennzeichen wird der Hinweisbuchstabe für den emissionsfreien Antrieb am Ende der Buchstaben-Zahlenkombination angefügt. Derzeit ermöglicht das E-Mobilitätsgesetz es Städten und Gemeinden, Inhabern dieses Kennzeichens das Benutzen der Busspuren und kostenloses Parken auf gebührenpflichtigen Parkplätzen zu erlauben. Die Entscheidung darüber obliegt aber der jeweiligen Verwaltung.
  • Heimische Ladeinfrastruktur: Wenn Sie zuhause laden wollen, sollten Sie einiges beachten. Die sog. Wallboxen gibt es zur festen Montage, aber auch in mobiler Form. Die Installation einer entsprechenden Verkabelung für beide Varianten sollten Sie unbedingt durch einen qualifizierten Elektriker durchführen lassen. Neben der Absicherung durch FI-Schutzschalter und gesonderte Sicherungen ist auch die Kabeldicke hier von entscheidender Bedeutung. Nicht zu empfehlen ist das stundenlange Aufladen an einer Haushaltssteckdose. Das könnte zu gravierenden Beschädigungen am Gebäude führen, die durch die Gebäudeversicherung nicht unbedingt abgedeckt sind.

Argumente für die E-Mobilität

Es ist gar nicht so leicht, vergleichbare Szenarien zum Umstieg zur E-Mobilität in den letzten 100 Jahren zu finden. Aber weder die Entwicklung des Internets oder des Mobilfunks können hier herangezogen werden, da es sich dabei um komplette Neuentwicklungen mit neuen Nutzwerten handelt. Die “Entwicklung” der E-Mobilität ist aber nur eine modifizierte Technologie. Die Möglichkeit, sich von A nach B zu transportieren, gibt es schon lange, nur halt auf komplett andere, unökologischere Weise.

Das macht die Verbreitung der E-Mobilität gerade so schwierig. Es ist für Ottonormalverbraucher keine bahnbrechende Neueinführung, denn diese Möglichkeiten gibt es ja schon. Und wenn dann der finanzielle Anreiz fehlt, helfen auch die besten Argumente nicht mehr viel.

Seien wir ehrlich, E-Mobilität ist noch ein Abenteuer. Wo kann ich das nächste Mal laden, mit welcher Karte und wie lange behält der Akku seine Kapazität. Reichweite und Infrastruktur sind noch nicht massentauglich. Daher benötigt es jetzt die Pioniere, die sich darauf einlassen, die andere Interessierte informieren und überzeugen, die auffallen und diese Technik verbreiten.

Die Ökobilanz des E-Autos

Das E-Auto geht mit dem Anspruch an den Start, die Individualmobilität der Zukunft abzubilden, einer CO2-neutralen und umweltverträglichen Zukunft. Da ist es durchaus legitim, diesen Anspruch auf seine Realität hin abzuklopfen. Ganz schnell landet man dann bei mehreren kritisch zu hinterfragenden Fakten:

  • Emissionslose Fortbewegung – Das E-Auto hat keinen Auspuff. Trotzdem ist der Treibstoff Strom nicht CO2-neutral. Im deutschen Strommix verursacht eine kWh Strom einen CO2-Ausstoß von rund 450 g. Dieser Wert sinkt jedoch kontinuierlich mit dem Ausbau der Ereuerbaren und kann zukünftig auf 0 gefahren werden. Das E-Auto kann sich also tatsächlich emissionslos fortbewegen.
  • CO2Rucksack Akku – Für die Produktion einer kWh Stromspeicher werden aktuell rund 80 kWh Strom verbraucht. Je nach Produktionsstandort ist die Bilanz eines Auto-Akkus also unterschiedlich, abhängig vom verwendeten Energiemix. Das ist den Automobilherstellern bewusst und immer mehr Unternehmen setzen daher vorrangig auf den Einsatz von Ökostrom und auf den Einkauf von Akkuzellen, die mit möglichst sauberem Strom produziert werden. Ein in Deuschland produzerter Akku für eine Reichweite von rund 500 km (75 kWh) setzt also 2,7 t CO2 frei.
  • Diesel vs. E-Auto – 1 Liter Diesel setzt bei der Verbrennung 2,64 kg CO2 frei. An diesem Wert wird sich zukünftig auch nicht mehr viel ändern. Das macht 1.022 Liter Diesel, die in der Verbrennung einem 500 km-Akku entsprechen. Das macht bei einem Verbrauch von 5L Diesel/100 km 20.440 km, die das E-Auto fährt, bis der CO2-Rucksack abgetragen ist. Dazu kommen dann noch die Emissionen aus der Stromherstellung. Bei 15 kWh / 100 km stößt das E-Auto auf einer Strecke von 20.440 km zusätzlich 1,38 t CO2 aus. Pro Kilometer stößt ein Dieselfahrzeug also 132 g CO aus, ein E-Auto dagegen 67,5 g. Somit müssen beide Fahrzeuge noch einmal 21.395 km fahren, bis die Bilanz ausgeglichen ist. Nach 41.835 km sind sie gleichauf, danach geht die Rechnung zu Gunsten des E-Autos auf.
    Aber Moment, da fehlt doch noch etwas. Haben Sie gewusst, dass ein Verbrenner auch Strom verbraucht? Klingt komisch, ist aber so. Denn für Herstellung und Transport eines Liters Diesel (Förderung/Transport/Raffinierung/Tankvorgang) werden mindestens 1,5 kWh Strom benötigt. Das heißt, jeder Liter Diesel stößt nicht nur die 2,64 kg CO2 bei der Verbrennung aus, sondern auch noch 0,6 kg CO2 auf seinem Weg aus dem fossilen Lager bis in den Tank. Das macht noch einmal weitere 30 g / km. Und das bedeutet, dass das E-Auto trotz der aufwändigen Akkuproduktion schon nach 37.769 km einen ökologischen Vorteil gegenüber einem Diesel herausfährt. Tendenz steigend durch den Ausbau der erneuerbaren Energien.
    Und mit dem Wissen um den Stromverbrauch eines Verbrenners sollte uns auch nicht mehr Bange sein vor den Strommengen, die wir bei flächendeckender Einführung der E-Mobilität erzeugen müssen.
  • Lithium und Kobalt – Eines vorweg: Lithium und Kobalt gehören entgegen der landläufigen und häufig verbreiteten Meinnung nicht zu den seltenen Erden. Argentinien, Bolivien, Chile, Australien und selbst Deutschland (Lithium) und Kongo, Kuba, Australien, Philippinen, Sambia, Kanada und Russland (Kobalt) haben große Vorkommen, die auch eine weltweite Abdeckung für den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien sicherstellen.
    Die Hauptkritikpunkte sind bei der Lithiumförderung der gewaltige Wasseraufwand und beim Kobalt die Kinderarbeit. Dabei muss zunächst einmal erwähnt werden, dass das meiste Lithium derzeit noch in australischen Bergwerken gefördert wird und das meiste Kobalt in chinesischen Minen im Kongo. Noch dazu werden beide Stoffe „noch“ nicht hauptsächlich für den Einsatz in Elektromobilen genutzt, sondern in Smartphones, Tablets und Notebooks auch derer, die sich jetzt darüber echauffieren. Aber wir wollen nicht mit Förmchen werfen. Die Sache muss kritisch betrachtet werden. Wir können nicht eine Schweinerei (Förderung von Erdöl – Stichworte Ölsande Kanada, Nigerdelta – politische und militärische Konflikte um Ölvorkommen) durch eine andere ersetzen. Allerdings ist es dabei auch nicht hilfreich, mit veralteten Zahlen und falschen Relationen zu argumentieren. Letztendlich wird es das klima- und umweltneutrale Automobil niemals geben. Wir tun also gut daran, sachlich an diese Diskussion heranzugehen.
  • Recycling der Autobatterien – Wollen wir in eine klima- und umweltverträgliche Zukunft starten und unseren Wohlstand erhalten, sind Kreisläufe unabwendbar. Materialen müssen weitestgehend wiederverwendet werden. Bei den Bestandteilen der Autobatterien ist das physikalisch möglich. Über 90 Prozent des Altakkus, der seine Arbeit im Auto und danach im Second Life als stationärer Stromspeicher für die Energiewende verrichtet hat, können aufgespalten und wiederverwertet werden. In dann hoffentlich moderneren und effizienteren Batterien, die mit dem recycelten Material mehr Leistung zur Verfügung stellen.
    Die Spirale von Angebot und Nachfrage muss in Schwung gebracht werden. Erst, wenn genügend Elektro-Fahrzeuge unterwegs sind, wird sich an der Infrastruktur der Ladestation deutlich etwas verbessern. Und dann wird es auch einen eigenen Wirtschaftszweig geben, der sich mit dem Recycling der Akkus beschäftigt. Denn erst dann können beide Branchen wirtschaftlich arbeiten. Besonders hier werden Kreisläufe benötigt.

Wirtschaftlichkeit E-Mobilität

Elektroautos sind teuer. Das trifft auf den ersten Blick zu. Aber um die Komplettrechnung über das gesamte Autoleben aufzustellen, muss man alle Kostenfaktoren betrachten. Und gerade im Betrieb ist die E-Mobilität deutlich günstiger als vergleichbare Fahrzeuge.

  • In den Anschaffungskosten liegt dezeit noch der große Nachteil der Elektroautos, der auch auf potenzielle Käufer abschreckend wirken mag. Zwischen 5.000 und 10.000 Euro muss man gegenüber einem vergleichbaren Verbrenner aufbringen.
  • Der Staat und die meisten Hersteller geben zurzeit Zuschüsse von bis zu 10.000 Euro zum Kauf eines neuen Elektroautos.
  • In den ersten zehn Jahren ist das Elektroauto von der KFZ-Steuer befreit.
  • In der Versicherung unterscheidet sich das Elektroauto nicht vom Verbrenner. Der Akku ist im Versicherungstarif enthalten.
  • Der Bezug von Strom reicht preislich von 0,30 Euro pro kWh an örtlichen Ladestationen und 0,40 – 0,75 Euro an den Schnellladern an Autobahnen und Bundesstraßen. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 15 kWh/100 km entstehen pro 100 km Kosten von 4,50 Euro im Stadtverkehr und 7,50 bis 10 Euro auf Langstreckenfahrten. Wer sein E-Auto mit der heimischen Photovoltaik laden kann, zahlt nur die Gestehungkosten einer kWh rund 10-15 ct.
  • Für die Standard-Inspektionen darf mit einem Wert von 100-125 Euro pro Jahr gerechnet werden. Ohne Zündkerzen, Ölkreislauf, Getriebe oder Zahnriemen findet sich hier ein deutliches Einsparpotenzial.

Wasserstoff oder Batterie

Eine ebenfalls hitzig geführte Diskussion ist die um die zukünftige Antriebstechnologie. Und hier treten hauptsächlich die Befürworter von mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen gegen die von Batteriegetriebener E-Mobilität auf den Plan. Beide Technologien haben ihre Vor- und Nachteile, die hier einmal wertfrei gegenübergetellt werden.

Vorteile Batterieelektrisches Fahrzeug

  • Schon deutlich verbreiteter als Wasserstoff-Autos
  • Wesentlich energieeffizienter
  • Einfachere Infrastruktur
  • Zuhause aufladbar
  • Lademöglichkeiten häufig schon aus regenerativen Energiequellen

Vorteile Brennstoffzellentechnik mit Wasserstoff

  • Größere Reichweite
  • Geringerer Materialeinsatz
  • Schnellere Zufuhr von Treibstoff

Beide Seiten haben also ihre Vor- und Nachteile. Die Frage ist sicherlich, wie schnell die Nachteile auf beiden Seiten abgestellt werden können. Massentauglich sind Individualfahrzeuge sicherlich erst, wenn sie jederzeit überall schnell nachgeladen werden können und der Treibstoff auch ausreichende und klimaneutral zur Verfügung gestellt werden kann und die Technologie dabei auch noch bezahlbar ist. Der Wasserstoff hat hier klare Vorteile im Bereich Langstrecke und Schwerlastverkehr (LKW/Schiff/Flugzeug), die Batterie im Bereich der urbanen Mobilität.

2 Kommentare

  • Hallo und Danke für den interessanter Post! Toller Tipp.

  • Siegbert Schellenbach

    Danke für die fundierten Informationen. Mich interessiert das Thema Vehicle to Home sehr (und in die Zukunft gedacht auch Vehicle to Grid). Habt Ihr euch damit schonmal beschäftigt, bzw. habt Erfahrungen? Wenn ja, würde ich mich über Informationen oder gar ein Video zu dem Thema sehr freuen.
    Vielen Dank vorab!